Diagnose Prostatakrebs
Für die Behandlung eines Prostatakrebses kommen – je nach Stadium, Ausbreitung und Aggressivität – immer mehrere Behandlungsmöglichkeiten in Frage, die auch miteinander kombiniert werden können. Welche Therapie für Sie jeweils persönlich die Richtige ist, sollten Sie mit Ihrem Arzt gemeinsam beraten und entscheiden.
Wichtig zu wissen: In der Regel wächst der Prostatakrebs eher langsam. Wichtig für Ihren Entscheidungsweg sollte sein, dass Sie alle Befunde und Behandlungsmethoden verstanden haben und sich bestens informiert und aufgeklärt fühlen. Spüren Sie dennoch Verunsicherung und Zweifel, können Sie sich um eine Zweitmeinung durch einen weiteren Experten bemühen. Dieser Schritt wird Ihnen sicherlich auch von Ihrem Arzt vorgeschlagen. Sprechen Sie mit ihm darüber.
Zweitmeinung
Es ist Ihr gutes Recht, eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen. Zuvor sollten Sie offen mit Ihrem behandelnden Arzt sprechen, wo konkret Ihre Zweifel und Bedenken liegen. Am besten notieren Sie sich im Vorfeld Ihre Fragen und Gedanken, die Ihnen Sorgen bereiten. Viele Patienten holen eine Zweitmeinung ein. Ihr Arzt wird Ihre Bitte darum gut nachvollziehen können und Ihnen die dazu notwendigen Kopien Ihrer Unterlagen aushändigen.
Einen Arzt für eine Zweitmeinung finden Sie z. B. über die Deutsche Krebsgesellschaft bzw. deren zertifizierte Zentren, durch die Kassenärztlichen Vereinigungen oder durch Ihre Krankenkasse.
Die Kosten für eine Zweitmeinung werden in der Regel von der Krankenkasse übernommen. Zur Sicherheit aber sollten Sie diese Frage mit Ihrer Kasse klären.
Krankheitsverlauf
Beurteilen vor Handeln
Die individuell ausgerichtete Behandlung von Prostatakrebs richtet sich nach mehreren Kriterien. Hierzu zählen u. a., in welchem Stadium (medizinisch: Staging) sich der Tumor befindet und wie aggressiv er ist (medizinisch: Grading).
Weiter spielen Alter, allgemeine Verfassung, Therapieziele, Patientenwünsche und eventuelle Begleiterkrankungen eine Rolle, ob und wie behandelt wird.
Das Stadium eines Tumors wird durch das TNM-System bewertet:
- „T“ steht für Tumor: Wie groß und örtlich ausgedehnt ist der Tumor?
- „N“ steht für Nodus (lateinisch: Knoten): Sind Lymphknoten befallen?
- „M“ für Metastasen: Hat der Tumor Tochterabsiedlungen (Metastasen) in andere Gewebe oder Organe gestreut?
Tumorausdehnung
Die Tumorausdehnung wird von Medizinern in verschiedene Kategorien (T1 – T4) eingeteilt:
- T1: Der Tumor wurde zwar durch eine Biopsie festgestellt, macht aber keine Beschwerden, ist nicht tastbar oder in bildgebenden Verfahren (z. B. MRT) sichtbar.
- T2: Der Tumor ist größer, befindet sich aber noch innerhalb der Prostatakapsel (lokal begrenztes Karzinom).
- T3: Der Tumor hat die Prostatakapsel durchbrochen (lokal fortgeschrittenes Karzinom).
- T4: Der Tumor ist in Nachbargewebe zur Prostata eingedrungen.
Für eine noch genauere Beschreibung der Ausdehnung des Tumors gibt es eine detailliertere T-Klassifikation.
Lymphknotenmetastasen
Der Lymphknotenbefall wirft die Frage auf: Haben sich in den zur Prostata benachbarten Lymphknoten (Beckenlymphknoten) Metastasen angesiedelt oder nicht? Ist dies nicht der Fall, wird das Stadium „N0“, bei Vorhandensein von Lymphknotenmetastasen „N1“ bezeichnet. Ob tatsächlich Lymphknoten befallen sind, lässt sich durch eine operative Entnahme von Lymphknoten und eine feingewebliche Untersuchung feststellen.
Metastasen
Ähnlich wie beim Lymphknotenbefall wird auch das Vorhandensein von Metastasen in anderen Organen oder Geweben bewertet. „M0“ = keine Fernmetastasen, „M1“ = Fernmetastasen sind nachweisbar. Beim Nachweis von Metastasen wird die Einteilung weiter präzisiert. Dabei unterscheidet der Arzt, in welchen Organen oder Geweben sie sich befinden (Lymphknoten, Knochen oder anderen Organen oder Gewebestrukturen).
Grading
Eine wichtige Frage für den weiteren Verlauf Ihrer Erkrankung und die Wahl einer individuell angepassten Therapie ist: Wie aggressiv ist der Tumor? Dies lässt sich unter anderem durch eine Gewebeentnahme (Biopsie) aus der Prostata und einer nachfolgenden mikroskopischen Untersuchung der dabei gefundenen Tumorzellen abklären.
Bei dieser Bewertung wird der nach seinem Entwickler benannte Gleason-Score erhoben, eine Skala, die den Medizinern hilft, den Grad der Aggressivität des Tumors einzuschätzen. Ein niedriger Gleason-Score ist ein Hinweis darauf, dass der Krebs eher langsam wächst. Ein hoher Gleason-Score hingegen lässt vermuten, dass ein aggressiver Tumor vorliegt, mit der Tendenz, schnell zu wachsen und Metastasen zu bilden.
Gleason-Score
Tumorzellen unterscheiden sich von normalen Prostatazellen. Je mehr das Gewebe in Aussehen und Anordnung von Zellen einer gesunden Prostata abweicht, umso aggressiver wird der Tumor eingeschätzt. Diese Unterscheidung lässt sich nach Gleason in 5 Grade einteilen.
1 steht für: Gut ausgereifte (differenzierte) Zellen, die dem gesunden Gewebe sehr ähnlich sehen. 5 steht für: Wenig ausgereifte (differenzierte) Zellen, die sich vom gesunden Gewebe deutlich unterscheiden. Es kann vorkommen, dass innerhalb eines Tumors verschiedene Abstufungen – also Bereiche mit ausgereifteren und solche mit weniger ausgereiften Zellen – vorkommen. Daher werden die beiden am häufigsten vorkommenden „Zellmuster“ ermittelt und deren Grade (z. B. 3 + 4 = Gleason-Score 7) zusammengezählt. Mindestens kann sich daher ein Gleason-Score von 2 (= niedriges Risiko) bis maximal 10 (= hohes Risiko) ergeben. Liegt der Gleason-Score unter 7, kann von einem niedrigen Risiko ausgegangen werden. Bei Werten ab 8 hingegen ist die Prognose ungünstig.
Weiterführende Untersuchungen
Durch weiterführende Untersuchungen lässt sich feststellen, ob der Prostatakrebs lokal begrenzt oder lokal fortgeschritten ist, oder bereits in andere Organe gestreut hat. Dieser Verdacht liegt nahe, wenn z. B. ein Gleason-Score von 8 oder mehr vorliegt und/oder der Tumor deutlicher tastbar ist (Stadium T3 – T4). Zunächst werden bildgebende Verfahren wie u. a. Magnetresonanztomografie (MRT) oder Computertomografie (CT) eingesetzt, um z. B. im Beckenbereich nach auffällig vergrößerten Lymphknoten zu suchen. Eine sogenannte Skelettszintigrafie wird empfohlen bei einem PSA-Wert über 10 ng/ml, einem Gleason-Score von mehr als 8, dem Tumorstadium T3/4 oder Knochenschmerzen.
Magnetresonanztomografie
Bei der Magnetresonanztomografie (MRT) werden zur Bildgebung starke magnetische Felder benutzt. Die Untersuchung ist schmerzlos. Sie liegen dazu in einer Röhre, die zwar im Durchmesser recht groß ist, dennoch aber bei manchen Menschen Beklommenheit auslösen kann. Sprechen Sie Ihren Arzt aktiv an, wenn Sie unsicher sind, was Sie erwartet. Er wird Ihnen im Vorfeld genau erklären, wie die Untersuchung abläuft und kann mögliche Bedenken ausräumen.
Computertomografie
Die Computertomografie (CT) ist eine moderne Form des Röntgens. Hierbei wird ein bestimmtes Areal aus verschiedenen Richtungen mit einer geringen Strahlenbelastung geröntgt. Die so gewonnenen Daten werden von einem Computer zu einem räumlichen Bild zusammengesetzt. Die CT-Untersuchung ist wie das MRT schmerzlos.
Skelettszintigramm
Metastasen, die sich im Skelett ansiedeln, zerstören Knochengewebe. Der Körper versucht, durch Knochen aufbauende Zellen, die schadhaften Stellen wieder zu reparieren. Mit einem Szintigramm lässt sich diese verstärkte Zellaktivität bildlich genau darstellen. Dies geschieht mithilfe einer schwach radioaktiven Substanz, die in eine Armvene gespritzt wird. An den Stellen, wo eine Knochenreparatur stattfindet, wird diese Substanz vermehrt eingelagert. Mit einer speziellen Kamera können im nächsten Schritt die radioaktiven Einlagerungen und damit die Existenz von Metastasen im Knochengewebe nachgewiesen werden. Die Untersuchung ist schmerzlos, aber mit einer geringen Strahlenbelastung verbunden.
Risikoabschätzung
Der weitere Verlauf der Krankheit und damit eine (Nicht-)Behandlung lässt sich durch die vorangegangenen Diagnoseschritte in etwa abschätzen. Je höher die Werte beim Grading (Gleason-Score), Staging (Tumorstadium = TNM-Kategorien) und PSA-Wert bzw. dessen Verdoppelungszeit, desto eher gehen Ärzte davon aus, dass der Tumor aggressiv ist. Die von den Ärzten dabei herangezogene Tabelle zur Risikoabschätzung lässt eine Einteilung in niedrige, mittlere und hohe Aggressivität des Tumors zu.
Risikoabschätzung: Beispiel lokal begrenzter Prostatakrebs
Ein lokal begrenzter Prostatakrebs kann weniger aggressiv sein, das heißt, der Patient hat im Laufe seines Lebens keine oder nur wenige Beschwerden. Andererseits kann sich ein lokal begrenzter Tumor aber auch aggressiv verhalten. In diesem Fall muss damit gerechnet werden, dass er schnell wächst und Metastasen bildet.
Risikogruppierung
Wichtig zu wissen: Diese Tabelle ist zunächst nur eine Risikoeinschätzung, die aussagt, wie sich der Tumor wahrscheinlich weiterhin verhält. Diese Vermutung muss nicht mit Ihrem persönlichen Krankheitsverlauf übereinstimmen.
Vorbereitung für das Arztgespräch
Eine für Ihre Erkrankung angepasste Behandlung setzt voraus, den „Gegner“ gut zu kennen. Ihr Ziel sollte daher sein, die Diagnoseschritte und die Untersuchungsergebnisse genau zu verstehen. Eine Vorbereitung für das Arztgespräch, bei der Sie die Diagnose im Detail erfahren, ist daher sehr empfehlenswert. Lassen Sie sich von einem Angehörigen oder Partner Ihres Vertrauens begleiten. Das gibt Ihnen Sicherheit und hilft – nach dem 4-Ohren-Prinzip – Missverständnisse möglichst zu vermeiden. Diese vertraute Person kann Ihnen auch bei den weiteren Entscheidungen beratend zur Seite stehen. Nehmen Sie einen Schreibblock mit, auf dem Sie Ihre Fragen oder während des Gesprächs neu hinzugewonnene Informationen notieren können.
„Nachfragen lohnt sich“
Beispiele für Fragen zu meiner Diagnose:
- In welchem Stadium befindet sich meine Erkrankung?
- Wie sicher sind die Untersuchungsergebnisse?
- Sind weitere Diagnoseschritte notwendig?
- Wie viel Zeit habe ich, eine Behandlungsentscheidung zu treffen?
- Lässt sich in dieser Bedenkzeit der Tumor überwachen?
- Welchen Verlauf wird die Krankheit wahrscheinlich nehmen, wenn ich nichts tue?
- Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
- Welche Behandlung kommt für mich in Frage?
- Empfehlen Sie mir, weitere Ärzte aufzusuchen?
- Sollte ich eine Zweitmeinung einholen – und wenn ja, wo?